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Nachlass Bendgens (alias Henner) (N66) (Bestand)
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ausgehendes 19. Jahrhundert bis 2005, 84 Verzeichnungseinheiten Der kleine Bestand überliefert im Wesentlichen Schriften und Publikationen von Hans Bendgens (alias Hans Henner). Er umfasst 84 Verzeichnungseinheiten mit einer Gesamtlaufzeit von ca. 1900 bis 2005. Bendgens, überzeugter und aktiver Gegener der Nationalsozialisten, wurde im Dezember 1941 wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Am 5. Januar 1942 trat er in Wuppertal-Elberfeld seine Haft an. Er verstarb am 15. November 1942 im Gefängnislazarett. (Depositum, privat)
Form und Inhalt: Der kleine Bestand überliefert im Wesentlichen Schriften und Publikationen von Hans Bendgens (alias Hans Henner). Er umfasst 84 Verzeichnungseinheiten mit einer Gesamtlaufzeit ausgehendes Jahrhundert bis 2005.
Johannes (Hans) Christian Bendgens wurde am 25. Februar 1892 geboren.(1) Sein Vater übernahm bald nach seiner Geburt die im Familienbesitz befindliche Stockfabrik in Oermten. Bendgens wuchs in bürgerlichem Wohlstand auf. Er besuchte die Volksschule in Sevelen, danach die Gymnasien in Geldern und Telgte. 1911 wurde er Volontär bei einer niederländischen Schifffahrtsspeditionsfirma und arbeitete in Duisburg-Ruhrort und Amsterdam.
Politisch wurde Bendgens zunächst von seinem deutschnational denkenden Vater geprägt. 1915 wurde er eingezogen. Er kämpfte im Brigade-Ersatz-Bataillon 27 an der Westfront und im Reserve-Regiment 382. 1916 meldete sich Bendgens freiwillig zu den Fliegern. Er wurde als Flieger-Beobachtungsoffizier an der Westfront eingesetzt. Eine Kriegsverletzung am rechten Fuß ließ ihn zeitlebens ein Bein nachziehen.
Nach Ende des Krieges bemühte sich Bendgens zunächst um eine Rückkehr in das bürgerliche Leben. Er heiratete im März 1918 die Niederländerin Wally van Loon. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor: Heinz, geboren 1919 und Ruth, geboren 1921. Auch beruflich knüpfte Bendgens an die Vorkriegsjahre an: Er betrieb bis 1922 als Prokurist eine Transport- und Speditionsfirma in Mönchengladbach. Bis 1924 arbeitete er für eine Thüringer Exportfirma, anschließend bis 1927 als selbständiger Handelsvertreter.
Schnell zeichnete sich ab, dass die Ehe nicht lange halten würde. 1924 erfolgte schließlich die Scheidung, die das bereits zerrüttete Verhältnis Bendgens zu seinen Eltern vollends scheitern ließ. Nach langer gerichtlicher Auseinandersetzung um die Kinder, die der Mutter zugesprochen wurde, hatten seine Eltern ihn verstoßen und enterbt. Geächtet von seiner Familie heiratete er 1925 überstürzt Henriette Offermann, von der er sich 1927 bereits wieder trennte.
Halt suchte Bendgens ab dieser Zeit bei der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), in die er 1926 in Köln eintrat. Durch einen Wohnortwechsel schliefen diese Kontakte jedoch wieder ein. Seine Orientierungssuche endete 1927 mit der bewussten Entscheidung, aus dem bürgerlichen Leben auszusteigen und Schriftsteller zu sein. Hans Bendgens nannte sich nun "Hans Henner".
Henner führte ein Leben in Armut, das er ab 1928 mit Gertrud Schröer teilte. Mit seiner neuen Lebensgefährtin führte er in den Jahren von 1928 bis 1932 ein unstetes, aber glückliches Leben. Aus der Beziehung gingen die Söhne Kurt (geboren 1929) und Rolf (geboren 1931) hervor.
1932 zog die Familie nach Issum-Sevelen. Hier knüpfte Bendgens wieder Kontakte zur KPD und arbeitete mit an der Herausgabe des Propagandaplattes "Gelderner Sender". Als das Blatt im Dezember 1932 für drei Monate verboten wurde, reagierte die KPD darauf mit der Herausgabe der Blätter "Kevelaerer Glocke" (Verlag und Schriftleitung Theodor Hax) und "Der Hexenkessel" (Druck und Verlag Gerhard Robertz, Schriftleiter Wilhelm Schapdick). Die lokalen politischen Auseinandersetzungen verschärften sich in den Folgemonaten zunehmend. Als die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 an die Macht kamen, musste Bendgens erleben, wie sich viele seiner Parteigenossen zurückzogen. Er selbst hingegen verfolgte seine politischen Ziele weiter: Am 12. Februar 1933 erschien die zweite Ausgabe des "Hexenkessels". Die Gemeindebehörde reagierte mit Hausdurchsuchungen. Bendgens wurde wenige Tage später inhaftiert. Er wurde zunächst im Sevelener Spritzenhaus gefangen gehalten und am 2. März in das Amtsgerichtsgefängnis nach Geldern überführt. Am 6. April brachte man ihn in das Schutzhaftgefängnis nach Kleve. Kurze Zeit später wurden die Mitarbeiter des "Hexenkessel" und der "Kevelaerer Glocke" - unter ihnen Bendgens - vor dem Schöffengericht in Kleve zu sechs Monaten Haft verurteilt. Die Haft verbüßte er zunächst als KZ-Häftling in Köln, dann in Börgermoor. Am 1. April 1934 wurde Bendgens nach insgesamt 13 Monaten Haftzeit entlassen.
In der anschließenden Zeit erlebte die Familie viele Schikanen, u.a. bei der Wohnungssuche. Der Wunsch, zu heiraten und die Kinder für ehelich erklären zu lassen, wurde dem Paar von den Behörden nicht gestattet. Ein Leben in Deutschland schien nicht mehr möglich. Als Bendgens im September nach einigen konspirativen Treffen mit Gleichgesinnten fürchtete, verraten zu werden, ging er in die Niederlande ins Exil. Hier wurde er von der Roten Hilfe als unterstützungswürdiger Flüchtling anerkannt. Aufgrund unterschiedlicher politischen Ansichten war Bendgens jedoch bald allein auf sich gestellt.
Im April 1935 folgte ihm seine Familie in die Niederlande. In Arnheim lebten sie in ärmlichen Verhältnissen. Bendgens versuchte, als Übersetzer und Deutschlehrer, vor allem aber als Schriftsteller den für sich und seine Familie zu verdienen. Der Familie gelang es jedoch nicht, ihre Existenz zu sichern: Als seine Partnerin Gertrud Schröer und die beiden Kinder aus den Niederlanden abgeschoben wurden, weil ihnen nach Auskunft der deutschen (!) Behörden keine Verfolgung mehr drohte, tauchte die Familie in die Illegalität ab. Mehr als acht Monate lebte sie im Verborgenen in sieben unterschiedlichen Wohnungen in Amsterdam. Als die Strapazen zu groß wurden, siedelte Schröer mit den Söhnen nach Belgien um. Bendgens blieb in den Niederlanden, wo er jedoch von der Fremdenpolizei aufgegriffen und in Abschiebehaft genommen wurde. Nach vier Tagen Hungerstreik wurde er nach Belgien abgeschoben. Hier fasste er schnell Fuß und konnte sich und die Familie mit Vorträgen bei Veranstaltungen der "Freien Solidarität" und des Antwerpener Lehrer-Syndikats (S.A.O.P.) über Wasser halten.
Im Oktober 1939, wenige Wochen nach Kriegsbeginn, wurde Bendgens in die Niederlande abgeschoben - vielleicht, weil man ihn für einen deutschen Spitzel hielt, vielleicht aufgrund seiner politischen Aussagen. In Amsterdam wurde er in Polizeihaft genommen und nach mehreren Wochen Haft in das Flüchtlingslager "Hoek van Holland" gebracht. Im Februar 1940 gelang ihm die Flucht. Illegal kehrte er zu seiner Familie nach Antwerpen zurück. Nach dem Überfall der deutschen Truppen auf Westeuropa im Mai 1940 stellte er sich der belgischen Polizei, wurde verhaftet und gemeinsam mit anderen politischen Flüchtlingen vor den einmarschierenden Truppen nach Südfrankreich in Sicherheit gebracht. Als er am 29. Mai 1941 - vermutlich auf eigenen Wunsch - die innerfranzösische Demarkationslinie überquerte, verhaftete ihn die Gestapo.
Nach kurzer Zeit der Inhaftierung in Paris wurde Bendgens in das Polizeigefängnis Düsseldorf gebracht. Im Dezember 1941 wurde er wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Am 5. Januar 1942 trat er in Wuppertal-Elberfeld seine Haft an. Hier zog er sich eine schwere Lungenentzündung zu, die unbehandelt blieb. Als Bendgens am 14. November 1942 in das Gefängnislazarett verlegt wurde, war es schon zu spät. Er verstarb nur einen Tag später.
Ruth Metkemeier geb. Bendgens, Tochter aus erster Ehe, stelle 1954 einen Entschädigungsantrag beim Amt für Wiedergutmachung zur Anerkennung von Hans Bendgens als Verfolgter des Nationalsozialismus nach dem Landesanerkennungsgesetz. Dem Antrag wurde noch im selben Jahr stattgegeben. Johannes Bendgens war damit post mortem als Verfolgter der NS-Gewaltherrschaft anerkannt worden.2)
Der vorliegende Nachlass - eigentlich eine Mischung aus Nachlass und Sammlung - besteht aus Unterlagen von Bendgens selbst, des Familie Bendgens sowie des Forschers Gerd Halmanns, der sich in den 1990er Jahren eingehend mit dem Leben und den Schriften Bendgens beschäftigt hat.
Im Zuge seiner Forschungen über Bendgens hat Halmanns umfassende Forschungen in niederländischen Archiven, Bibliotheken und Kultur- und Forschungseinrichtungen betrieben. Im Zuge dieser Forschungen bekam er Kontakt zu den Kindern Bendgens. Über die Familie eines Sohnes erhielt er schließlich die Originalunterlagen von Hans Bendgens zur weiteren Aufbewahrung, insbesondere Schriften und Publikationen. Diese Unterlagen sowie Halmanns` eigene, im Zuge der Forschungen gesammelten Unterlagen bilden den vorliegenden Bestand.
Der kleine Bestand enthält insbesondere die Schriften, die Hans Bendgens unter seinem Pseudonym "Hans Henner verfasst" hat. Einige wenige Verzeichnungseinheiten zeigen Bendgens als Soldaten (KA Kle N66, 7, 30, 32) bzw. seine Familie. Ebenfalls überliefert sind wenige persönliche Unterlagen. Ferner enthält der Bestand verschriftlichte Gedanken seines Sohnes Klause über Bendgens Leben und dessen Schriften. Darüber hinaus überliefert ist die Korrespondenz von Gerd Halmanns mit Familienmitgliedern und öffentlichen Einrichtungen, die Unterlagen zu Bendgens verwahren.
Der Bestand wurde dem Kreisarchiv Kleve von Gerd Halmanns im Mai 2023 als Depositum übergeben.
Er wurde im Sommer 2023 von Dr. Beate Sturm verzeichnet. Dabei wurden Kopien vernichtet, zu denen im Bestand ein Original vorliegt.
Ergänzungsüberlieferung:
S21 - Dokumentation 30, Nr. 6, darin enthalten: Informationen über Hans Bendgens, Fliegeroffizier aus Issum-Sevelen, 1971 - 1980.
O - Kreis Kleve nach 1975, Nr. 7462, Wiedergutmachungsakte für Verfolgte des NS-Regimes: u.a. Johannes Bendgens, 1954 - 1960.
O - Kreis Kleve nach 1975, Nr. 6750, Wiedergutmachungsakte für Verfolgte des NS-Regimes: Theodor Hax, 1946 - 1965.
O - Kreis Kleve nach 1975, Nr. 7466, Wiedergutmachungsakte für Verfolgte des NS-Regimes: Theodor Hax, 1954, 1958.
weiterführende Literatur:
Gerd Halmanns, Kriegsheld, Kommunist, KZ-Häftling und Emigrant. Das wechselvolle Leben des in Sevelen-Oermten aufgewachsenen Schriftstellers Hans Bendgens alias Hans Henner (1892-1942), in: Geldrischer Heimatkalender 1996, S. 167-185.
Gerd Halmanns, Das Klever "Schutzhaftgefängnis" und die Ermordung des Gochers Franz Schneider 1933, in: Kalender für das Klever Land, 1996, S. 126 - 133.
Heinz Bosch, Der Sevelener "Hexenkessel". Eine Episode aus der Übergangszeit von der Weimarer Republik zur Diktatur des "Dritten Reiches", in: Geldrischer Heimatkalender 1990, S. 40 - 46. [auch zu den anderen lokalen KPD-Organen "Gelderner Sender" und zur "Kevelaerer Glocke"]
Heinz Bosch, Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 in Geldern, in: Geldrischer Heimatkalender 1983, S. 36 - 64.
(1) Wenn nicht anders angegeben wurde die folgenden Angaben entnommen aus: Gerd Halmanns, Kriegsheld, Kommunist, KZ-Häftling und Emigrant. Das wechselvolle Leben des in Sevelen-Oermten aufgewachsenen Schriftstellers Hans Bendgens alias Hans Henner (1892-1942), in: Geldrischer Heimatkalender 1996, S. 167-185.
2) O - Kreis Kleve nach 1975, Nr. 7462, Wiedergutmachungsakte für Verfolgte des NS-Regimes: u.a. Johannes Bendgens, 1954 - 1960.