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Oelfken, Tami (Bestand)
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Staatsarchiv Bremen (Archivtektonik) >> Gliederung >> 7. Nichtamtliche Überlieferung >> 7.1. Nachlässe von Einzelpersonen und Familien >> Nachlässe L - O
1913-2009
Enthält: Sammlung von Gedichten, erzählerischen Werken, Hörspielen und Theaterstücken - Zeitungsartikel und Rezensionen - Sammlung von Zeitungsausschnitten über Tami Oelfken - Tagebücher - Korrespondenz - Arbeitsmaterial - Erinnerungsstücke - Unterlagen der Sammlerin Ursula Habermann, Heilshorn, und des Verlegers Werner Wulff
Geschichte des Bestandsbildners: Maria Wilhelmine Oelfken, auch Tante Mieze oder Tami genannt, wurde am 25. Juni 1888 im heute bremischen Ortsteil Blumenthal geboren, der damals noch zur preußischen Provinz Hannover gehörte. Tami O. wurde als Tochter von Heinrich Oelfken und Christine Oelfken geb. Heidemann geboren, sie war das zweite von sieben Kindern der Familie. Tami O. litt seit ihrer Geburt an einem Hüftleiden, das ihr später körperliche Beschränkungen auferlegte. Ihre Kinder- und Jugendjahre verlebte sie in Blumenthal, das sie in den Anfängen und im Ausbau der industriellen Entwicklung dieses Ortes erlebte. Das Haus der Familie Oelfken hatte die Anschrift "Langen Straße 54/56", heute Landrat-Christians-Straße. In Tamis O.s Jugend reichte das Grundstück hinter dem Wohnhaus noch bis zum Weserdeich. Das Rathaus Blumenthal, das heute in direkter Nachbarschaft hierzu steht, entstand erst 1909 und war somit während Tami O.s Jugend noch nicht vorhanden. Gleiches gilt für die chemische Abteilung der Wollkämmerei, die später teilweise auf dem Grundstück der Familie errichtet wurde.
Der Vater von Tami O. war seit 1884 als Kaufmann in Blumenthal tätig, er war der Leiter der Versandabteilung der Bremer Wollkämmerei und zudem als Gemeindevorsteher und Kreisdeputierter in Blumenthal tätig. Heinrich O. war eine geachtete und bekannte Persönlichkeit, so dass seine Tochter Tami im sozialen Umfeld der örtlichen gehobenen Mittelschicht behütet und ohne finanzielle Bedrängnis oder gar Not aufwuchs. Zum Haushalt der Familie Oelfken gehörten neben den sieben Kindern und den Eltern noch Hauspersonal, wie z.B. eine Erzieherin und ein Kindermädchen für die Kinder, ein Küchenmädchen und eine Köchin.
Geschichte des Bestandsbildners: Tami O. besuchte zunächst die Grundschule in Blumenthal, später dann die höhere Mädchenschule in Bremen-Vegesack. Aus ihren späteren autobiographischen Schriften, sowie Briefen und Zeitungsartikeln geht hervor, dass sie wohl nie gerne zur Schule ging. Schon in ihrer Jugend wollte sie Schriftstellerin werden, aber ihre Eltern hatten wegen ihrer Behinderung für sie einen anderen Lebensweg vorgesehen. Nach dem Wunsch ihrer Eltern sollte sie Lehrerin werden, weil sie mit ihrer Behinderung angeblich schwer einen Ehemann finden würde und so ein sicheres Auskommen habe. Tami O. störte an ihrer Behinderung wohl weniger die Tatsache der Behinderung, als vielmehr die Einschränkung ihrer Entscheidungsfreiheit.
Geschichte des Bestandsbildners: Trotzdem begann sie 1904 ihre Ausbildung im Bremer Lehrerinnenseminar von A. Kippenberg. 1908 legte sie dort ihr Examen ab. Nach dem Abschluss der Ausbildung trat sie sofort ihre erste Lehrerinnenstelle in Zwischenahn-Ohrwege (Kreis Ammerland) an. Knapp ein Jahr später wechselte sie nach Bremen-Grohn. Sie galt als eine temperamentvolle und begabte Lehrerin mit einer ausgesprochenen Liebe zu Kindern. Als begeisterte Pädagogin wirkte sie auch begeisternd auf Kinder. Aufgrund ihrer rebellischen Eigenwilligkeit geriet sie mit ihren Lehr- und Unterrichtsmethoden mehrfach in Konflikt mit der Schulbehörde. Auch Konflikte mit ihrem persönlichen Umfeld und mit ihrem eigenen Elternhaus blieben nicht aus. In der Schule verfolgte Tami O. schon damals reformpädagogische Ideen mit denen später andere Pädagogen berühmt werden sollten. In Folge der Probleme mit der Schulbehörde wurde sie nach Tarmstedt (Kreis Bremervörde) strafversetzt. In dieser Zeit lernte sie Heinrich Vogeler und seinen Worpsweder Freundeskreis kennen und bekannte sich nach dem Ersten Weltkrieg auch zu dessen politisch und geistig radikalen Ideen. 1922, im Alter von 34 Jahren, quittierte sie den Staatsdienst. Nach heute nicht mehr im Einzelnen nachvollziehbaren Stationen unruhiger Wanderjahre gründete sie unter Einfluss der "Entschiedenen Schulreformer" in Berlin-Dahlem eine private Schule, die "Tami-Oelfken-Gemeinschaftsschule". In ihr wurden nicht nur die gemeinschaftliche Erziehung von Elternhaus und Schule gefördert, sondern auch das eigene Lerntempo jedes Schülers. Tami O. vertrat die pädagogische Auffassung, dass es nichts gäbe, was für Schüler schlimmer sei, als die staatliche Autorität der Lernpläne und der darin gesetzten Lernziele. Sie war vielmehr der Auffassung, dass gemeinschaftliches Lernen im eigenen Tempo jedes Schülers ebenso zum Erfolg führen würde und dass jedes Kind bis zu seinem zehnten Geburtstag nach diesem System sicher lesen, schreiben und rechnen können würde.
Geschichte des Bestandsbildners: Nach der "Machtergreifung" durch die Nationalsozialisten 1933 wurde die Tami-Oelfken Schule bereits im folgenden Jahr verboten und über Tami O. ein lebenslanges Berufsverbot als Pädagogin verhängt. Infolgedessen führte sie erneut ein Wanderleben, das sie u.a. nach Frankreich, England und Italien führte. Auf den Stationen ihrer erzwungenen Wanderschaft versuchte sie ihre Schule mehrfach neu zu gründen, aber keiner ihrer Versuche war erfolgreich. Noch vor Beginn des Zweiten Weltkriegs kehrte sie nach Deutschland zurück und bemühte sich über die Reichskulturkammer wieder am "deutschen Leben", diesmal als Schriftstellerin, teilzunehmen.
Auch während des Zweiten Weltkrieges war sie oft gezwungen, umzuziehen, teils aufgrund finanzieller Problem, teils um Nachstellungen der Gestapo zu entgehen. Schließlich kam sie in Überlingen am Bodensee als vorerst letzter Station an und erlebte hier das Ende des Krieges. Obwohl sie danach in Überlingen wohnte, blieb sie dort dennoch fremd bzw. "heimatlos" bis zu ihrem Tod in München, ihrer letzten Lebensstation.
Beruflich hat Tami O. nach der Erfahrung von Verbot und Verfolgung weder vor noch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges als Pädagogin und als Schriftstellerin wieder Fuß fassen können. Gerade in den letzten Jahren ihres Lebens kam der Widerspruch in ihrer Persönlichkeit zwischen politisch-sozialem Engagement und persönlicher Bindungslosigkeit stark zum Ausdruck.
In vielen ihrer Bücher kann man offen oder auch zwischen den Zeilen ihre Sympathie für die Parteien des radikalen politischen und sozialen Umsturzes herauslesen, auch wenn sie sich nicht offen politisch festlegte. In ihrer Jugend soll sie eine Zeit lang im Spartakusbund gewesen sein, auch beim Kapp-Putsch war sie auf den Barrikaden. In den Nachkriegsjahren wurden ihr eine angebliche Nähe zur politischen Kultur der DDR und Publikationen in DDR-Verlagen in Westdeutschland nachteilig ausgelegt.
Geschichte des Bestandsbildners: Auch ihr persönliches soziales Umfeld war meist nicht so stabil, dass es ihr Halt gegeben hätte. Zwar hat sie durch ihr Temperament und ihre Persönlichkeit in Kunst und Kultur immer leicht Zugang zu Menschen und auch Freundschaften gefunden, doch fand sie nur selten zu dauerhaft festen Verbindungen. Nach einer Operation ist Tami O. am 4. Juni 1957 in München gestorben. Ihr Grab befindet sich auf dem Friedhof der Evangelisch-Reformierten Gemeinde in Bremen-Blumenthal.
Das schriftstellerische Werk von Tami O., das von autobiographischen Arbeiten und Romanen über Kinder- und Jugendbücher bis hin zu Novellen und Lyrikbänden reicht, stand stark unter dem Eindruck der politischen Verfemung. Hatte sie zunächst seit 1931 unpolitische Lyrik und Kinderbücher geschrieben, so kam spätestens mit ihrem Roman über die Kindheit im Industriestandort Blumenthal (1940 als "Tine" verboten, 1947 als "Maddo Clüver" veröffentlicht) auch ein politisch-soziales Element in ihren Arbeiten zum Vorschein. Nach der Erfahrung von Verbot und Verfolgung sollten soziale und politische Fragen dauerhaft in ihrem Werk präsent bleiben (u.a. "Logbuch") und auch heute noch in der Pflege ihres Oevres stark mit ihrer Person verbunden werden.
Durch Senatsbeschluss vom 30. Juli 1968 wurde eine Straße in Bremen-Kattenturm nach ihr "Tami-Oelfken-Straße" benannt. 2004 erfolgte die Umbenennung der Grundschule am Lüssumer-Ring in Bremen-Blumenthal in "Tami-Oelfken-Schule".
Bestandsgeschichte: Der vorliegende Bestand ist kein schriftstellerischer oder persönlicher Nachlass im eigentlichen Sinn, sondern eine mit Originalschriftgut angereicherte Sammlung zu Leben und Werk von Tami O. Bedingt durch das unstete Leben mit zahlreichen beruflichen und persönlichen Brüchen hat sich von Tami O. kein geschlossener Nachlass erhalten. Wohl vor allem durch die Vereinsamung in den letzten Lebensjahren und durch den Tod in München, wo Tami O. kein nennenswertes soziales Umfeld hatte, ist ihr schriftstellerischer Nachlass nach ihrem Tod verstreut worden bzw. nicht erhalten geblieben. Dies ist angesichts der Bedeutung von Tami O. für die Bremer Literaturgeschichte bedauerlich, aber nicht mehr zu ändern.
Erst die wissenschaftliche Beschäftigung mit ihrem literarischen Werk hat lange Jahre nach ihrem Tod v.a. seit den 80er Jahren Fragen zu ihrem Nachlass geweckt und zu diesbezüglichen Nachforschungen angeregt. Hierbei wurden aus verschiedenen Quellen Originalunterlagen wie Typoskripte, Manuskripte, Korrespondenzsplitter und Tagebücher sowie Druckwerke und Kopien zusammengetragen.
So stammt der vorliegende Bestand mit Originalunterlagen und Materialien zu Tami O. aus der Hand von Frau Ursel Habermann, Heilshorn. Frau Habermann hat sich über lange Jahre intensiv mit Tami Oelfken beschäftigt und hat über Tami O. publiziert (vgl. Literaturliste). Dabei kam sie auch in Kontakt mit ihrem familiären, beruflichen und persönlichen Umfeld und hat eine Sammlung aufgebaut, die mit der Zeit Nachlasscharakter angenommen hat. So hat sie u.a. von einer Nichte Tami Oelfkens Originalschriftgut zur Bearbeitung zur Verfügung gestellt bekommen, aber auch Unterlagen aus der Hand des Verlegers von Tami O, Werner Wulff.
Im Sommer 2008 wurde der Kontakt zwischen dem Staatsarchiv Bremen und Frau Habermann hergestellt und der Bestand anschließend zu Eigentum in das Staatsarchiv Bremen übernommen. Zeitnah erfolgte im Rahmen eines Praktikums die Bearbeitung.
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Bestand
Literatur: Feidel-Mertz, Hildegard: Erziehung zum Überleben: Pädagogik im Exil nach 1933; eine Ausstellung ... gezeigt von der Schulgeschichtlichen Sammlung Bremen und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit -Brüderlichkeit- im Staatsarchiv Bremen vom 19.1. bis 21.2.1989, Bremen, 1989. Fiedler, Ulf: Dichter an Strom und Deich: Hermann Allmers, Alma Rogge, Manfred Hausmann, Tami Oelfken, Magda Pauli, Rudolf A. Schröder und andere, Bremen : Hauschild, 1995. Habermann, Ursel: Tami Oelfken (1888 - 1957): Lebensgeschichte, Zeitgeschichte, In: Wissenschaftliche Einheit Frauenstudien und Frauenforschung: Schriftenreihe der Wissenschaftlichen Einheit Frauenstudien und Frauenforschung an der Hochschule Bremen 3: Frauen - Geschichte - Bremen, S. 141 - 162. Heilmann, Kurt: Tami Oelfen 1888 - 1957: kleiner Wegweiser; Leben und Werk der Blumenthaler Schriftstellerin, Bremen-Aumund: Heilmann, 1990. Liebe, Carola: Leben und Werk deutscher Reformpädagoginnen im 19./20. Jahrhundert ausgewählt anhand von drei Frauen. Wiss. Hausarbeit zur Ersten Staatsprüfung für das Amt des Lehrers, Berlin 2007. Oelfken, Tami: Fahrt durch das Chaos: ein Logbuch aus Zeiten des Kriegs / Tami Oelfken. Hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Manfred Bosch, Lengwil: Libelle Verlag, 2003. Oelfken, Tami: Noch ist es Zeit: Briefe nach Bremen 1945 bis 1955, hrsg. von Ursel Habermann, Dülmen-Hiddingsel: tende, 1988. Pollem, Jens: Tami Oelfken - Pädagogin und Schriftstellerin, In: Verein für Sozialgeschichte und Biographieforschung: Arbeiterbewegung und Sozialgeschichte, hrsg. von Peter Alheit [u.a.] in Verbindung mit dem Verein für Sozialgeschichte und Biographieforschung, 20. 2008, S. 63 - 70. Schulz, Kurd: Oelfken, Marie Wilhelmine gen. Tami, in: Bremische Biographie 1912-1962, Bremen 1969, S. 356 f.
Die Bundeszentralkartei (BZK) ist das zentrale Register des Bundes und der Länder zu den durchgeführten Entschädigungsverfahren. Bei der Aufnahme eines Verfahrens in die BZK wurde zur eindeutigen Identifizierung eine Nummer vergeben. Diese BZK-Nummer bezieht sich nicht auf eine Person, sondern auf ein Entschädigungsverfahren: Hat eine Person mehrere Ansprüche geltend gemacht (z.B. für sich selbst und für Angehörige), liegt im Normalfall für jedes Verfahren eine eigene BZK-Nummer vor. Häufig wurde als BZK-Nr. schlicht das Aktenzeichen der jeweiligen Entschädigungsbehörde übernommen.
Diese Nummer ist für eine Anfrage im entsprechenden Archiv wichtig.
Delikt nach NS-Justiz
Handlungen, die im Nationalsozialismus überhaupt erst kriminalisiert wurden (z.B. Heimtückegesetz, "Judenbegünstigung") oder die die NS-Justiz in verschärftem Maß verfolgte (z.B. Hochverrat).
Verfolgungsgrund
Die hier angegebenen Gründe orientieren sich am Wortlaut der in den Quellen genannten Verfolgungsgründe.
Rolle im Verfahren
„Verfolgte Person“ meint eine Person, die einen Entschädigungsanspruch für einen Schaden durch NS-Verfolgung geltend machte. Wenn der Antrag nicht von der verfolgten Person selbst, sondern von einer anderen Person gestellt wurde, so wird diese als „antragstellend“ angegeben und ihre Beziehung zur verfolgten Person, soweit vorhanden, vermerkt. In den Quellen wird die verfolgte Person mitunter als „Geschädigter“, die antragstellende Person als „Anspruchsberechtigter“ bezeichnet.
Suche im Archivportal-D
Weitere Archivalien zu dieser Person über die Wiedergutmachung hinaus können Sie eventuell im Archivportal-D finden.
Nähere Angaben zum Verfolgungsgrund
Ergänzende oder spezifischere Angaben zu Mitgliedschaft, Gruppenzugehörigkeit bzw. Gruppenzuschreibung, die Anlass für die Verfolgung war.