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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, L 4
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Landständisches Archiv mit Landtagsarchiv >> Landständisches Archiv
1632-1805
Inhalt und Bewertung
Der vorliegende Bestand enthält handschriftliche Protokolle der Zeit 1632 bis 1805 und gliedert sich in zwei Gruppen: eine fortlaufende Serie der amtlichen Protokolle und eine Sammlung persönlicher Mitschriebe von Sekretären und Landschaftsmitgliedern.
Die amtlichen Protokolle der Landtags- und Ausschusssitzungen enthalten Aufzeichnungen über die Teilnehmer, den Ablauf, die Verhandlungspunkte und die Beschlüsse. Sie gliedern sich in Mitschriebe über die Verhandlungen der Landtage, Verhandlungen im Engeren/Kleinen Ausschuss und Verhandlungen im Größeren Ausschuss. Außerdem enthalten sie Protokolle der Interimszeit und der Ausschusstage sowie Stellungnahmen und Schreiben an die Landschaften, Notizen und Entwürfe. Ein Index oder eine Aufschlüsselung nach Themen ist nicht vorhanden, auch Randbemerkungen zu den verhandelten Themen sind nicht zu finden. Die amtlichen Protokolle umfassen 45 Büschel mit einem Umfang von 4,30 lfd. Metern.
Die persönlichen Aufschriebe und Protokolle stammen hauptsächlich von folgenden Mitgliedern und Sekretären:
Felix Bidembach, Pfarrer und Superintendent *1554 ¿1612 (Zeitraum 1608-1612)
Ans(h)elm Hagenlocher, Propst von Denkendorf (Zeitraum 1620-1624)
Kaspar Keuerleber (Keirleber), Bürgermeister von Nürtingen (Zeitraum 1645-1649)
Johann Wilhelm Schwarz, Bürgermeister von Stuttgart, ¿1683 (Zeitraum 1663-1673)
Joachim Martini, Prälat, *1625 ¿1697 (Zeitraum 1679-1697)
Bader, Landtagssekretär (Zeitraum 1683/84)
Johann Bartholomäus Haage, Abt und Prälat, *1633 ¿1709 (Zeitraum 1692-1707)
Johann Andreas Hochstetter, Theologe und Prälat, *1637 ¿1720 (Zeitraum 1695-1739, mit Auszügen ab 1520)
Hörner, Landschaftskonsulent (1698-1707)
Heinrich Sturm, Regierungsrat und Landschaftskonsulent, *1678 ¿1754 (Zeitraum 1707-1732)
Weisser, Landschaftssekretär (1734-1759)
Johann Wilhelm Kolb, Bürgermeister von Urach (Zeitraum 1737-1767)
Jeremias Merkle, Bürgermeister von Freudenstadt (Zeitraum 1741-1754)
Lang, Propst von Herbrechtingen (Zeitraum 1763-1770)
Ferdinand Friedrich Dettinger, Bürgermeister von Waiblingen (Zeitraum 1763)
Johann Martin Perlenfein, Assessor und Bürgermeister (Zeitraum 1784-1789)
Christian Friedrich Baz, Bürgermeister von Ludwigsburg, *1762 ¿1808 (Zeitraum 1804)
Christian Ludwig von Olnhausen (Weinsberg) (Zeitraum 1804-1805)
Georg Friedrich Ludwig Schönleber, Stadtschreiber, Bürgermeister, Registrator, Archivar, *1780 +1847 (Zeitraum 1804/05).
Diese sind grob chronologisch geordnet und enthalten ebenfalls keinen Index oder Randnotizen. Innerhalb der persönlichen Aufschriebe lassen sich Protokolle der Landtage, des Engeren/Kleinen und Größeren Ausschusses wie auch Druckschriften, Rechnungen und Listen sowie Notizen, Entwürfe und Schreiben von und an die Mitglieder der Landschaft finden. Die persönlichen Aufschriebe umfassen zusammen 35 Büschel, 2,70 lfd. Meter.
Im Anhang befindet sich eine Sammlung gedruckter Titelblätter der Landschaft von 1550 bis 1733 (Bü 111). Die frühere Signatur der Landtagsprotokolle, die teilweise auch als Diarien bezeichnet wurden, lautete ¿ LC¿.
Geschichtliche Hintergründe zur Entstehung der Landtagsprotokolle: Seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde die Versammlung der Landstände Württembergs als Landtag bezeichnet. Hier versammelten sich die Vertreter von Adel, Prälaten und der Landschaft, welche als die Vertretung der württembergischen Städte und Ämter verstanden wurde, die sich aus der bürgerlichen Schicht rekrutierte und somit auch gleichzeitig die Untertanenschaft des Landes repräsentierte. Seit dem 16. Jahrhundert zog sich der Adel zurück und die Landschaft sowie die Vorsteher der Klöster bestimmten das politische Geschehen der Landtage. Mit dem Tübinger Vertrag von 1514 war dem Landtag ein wesentliches Mitspracherecht bei der Steuererhebung, dem Kriegswesen, eine Mitsprache bei der Gesetzgebung sowie ein Vetorecht bei der Veräußerung von Landesteilen eingeräumt worden. Besonders die Themenkomplexe Steuern und Militär bestimmten die Verhandlungen der Landtage sowie ihrer Ausschüsse in den folgenden Jahrhunderten. Im 17. Jahrhundert war die Entwicklung Württembergs durch den 30jährigen Krieg geprägt. Land, Herrschaft und Landstände gerieten in existenzielle Krisen. Der 1634 ins Exil geflohene Herzog Eberhard III. kehrte 1638 zurück und bemühte sich gemeinsam mit den Landständen um eine Stabilisierung des Landes. Die zu diesem Zeitpunkt einsetzende Überlieferung der Protokolle des Landtags zeigt diese Bemühungen. Grundthema des Landtags war die Erhebung der Akzise. Da der Landtag nur wenig Bewegungsfreiheiten und keine Vollmachten besaß, blieb er bis zum Westfälischen Frieden ein Rumpfparlament und trat kaum zusammen. Die grundsätzlichen Geschäfte wurden vom Größeren und Engeren/Kleineren Ausschuss erledigt. Der Engere/Kleinere Ausschuss bestand aus sechs Vertretern der Städte und Ämter des Herzogtums Württemberg. Daneben gehörten zu dem Gremium noch zwei Prälaten. Die Versammlung des Engeren/Kleineren Ausschusses war jederzeit möglich und bedurfte nicht der Einberufung durch den Herzog. Solange kein Landtag einberufen war, nahm der Engere/Kleinere Ausschuss alle landschaftlichen Rechte wahr. Er besaß ein Petitionsrecht in allen Fragen des Landes. Außerdem gehörten die Beaufsichtigung der landschaftlichen Beamten und die Kontrolle der landschaftlichen Gelder zu seinen Aufgaben.
Dem Größeren Ausschuss gehörte neben den Mitgliedern des Engeren Ausschuss noch einmal die gleiche Zahl an Mitgliedern an. Er tagte zweimal jährlich im Sommer und Winter. Seine Aufgabe lag in der Bewilligung von laufenden Geldern und der Vorbereitung von Landtagssitzungen. Er konnte nur durch Einberufung des Herzogs zusammentreten. Erst mit dem Westfälischen Frieden konnte der Landtag seiner ursprünglichen Funktion nachkommen. Grundlegendes Thema der Zeit war die Behebung der Kriegsschäden, also eine Regulierung der Schulden, der Beitrag der Landschaft zu den laufenden Staatsausgaben (Kammerbeitrag), die Unterhaltung des Militärs und die wirtschaftspolitische Bewältigung der Kriegsfolgen. Aber auch Fragen der Bündnispolitik beschäftigten den Landtag zeitweise. Bis 1672 lässt sich von einer Blütezeit des Landtags sprechen. In der folgenden Zeit verlagerten sich die Verhandlungen zwischen Herzog und Landschaft zunehmend in die Großen Ausschusstage, die Einberufung der Landtage wurde zunehmend seltener. Ständiger Gegenstand der Verhandlungen war, auch bedingt durch die Kriegs- und krisenreiche Zeit, die Aufstellung und Unterhaltung eines stehenden Heeres. 1698/99 sollte schließlich der zunächst letzte Landtag für 40 Jahre stattfinden. Verhandlungen über Steuererhebung und Heeresfragen wurden danach ausschließlich im Engeren/Kleinen und Größeren Ausschuss ausgetragen. Im 18. Jahrhundert kam es vermehrt zu Auseinandersetzungen zwischen Landesherren und Landschaft, die sich oftmals an den Finanzierungsforderungen des Herzogs zu Militär und Staatsführung und somit an Steuerfragen entzündete. Die Herzöge Eberhard Ludwig und Karl Alexander konnten den Plenartag zunächst durch Nichteinberufung ausschalten. Erst 1737 berief Karl Rudolf von Württemberg als Herzogadministrator von Karl Eugen wieder einen Landtag ein. Hauptsache der Verhandlungen war die Übernahme der Kammerschulden. Der hierbei entstandene Konflikt ließ sich nur durch einen kaiserlichen Vergleich lösen. Der Landtagsabschied von 1739 beendete die Debatte um die Heeresverfassung, ordnete den Staatshaushalt und stellte die ständische Rechte wieder her. In der Folgezeit erfolgten die Verhandlungen erneut in erster Linie mit den Ausschüssen. Mit seiner siebenjährigen Dauer stellte der Landtag von 1763 eine Besonderheit dar. Schwerpunkte der Verhandlungen waren die Vorwürfe des Verfassungsbruchs durch den Herzog, Eingriffe in die Kirchenverfassung, das Militärwesen sowie Kammer-, Forst- und sonstige Angelegenheiten, an deren Ende 1770 der Erbvergleich als Verbriefung der alten Rechte stand. Gleichzeitig wurde die Stellung des Engeren/Kleineren Ausschusses so gestärkt, dass er für die folgenden 27 Jahre der primäre Verhandlungsgegner des Landesherrn blieb. Erst 1797 wurde wieder ein Landtag einberufen, der neben den Verhandlungen über Kriegsentschädigungen und die Umlage der Kriegskosten besonders Reformanliegen verfolgte und deshalb Reformlandtag genannt wurde. Die Verhandlungen über die Einrichtung der künftigen inneren Landesverfassung scheiterten schließlich nach zweijähriger Verhandlungsdauer. Noch zweimal wurden Landtage einberufen (1800 und 1804), jedoch kamen diese wie schon der Reformlandtag nicht mehr zu einem Landtagsabschied. Schließlich wurde am 30.12.1805 mit der Annahme der Königswürde Friedrichs I. von Württemberg die altwürttembergische Verfassung außer Kraft gesetzt. Damit endete auch die Existenz und Überlieferung der altwürttembergischen Landtage. Weitere Hinweise zur Geschichte der württembergischen Landstände sind in den Vorbemerkungen zu den Beständen L 3 (Konventsakten) und L 6 (Materienregistratur) enthalten.
Bestandsgeschichte: Die ständische Registratur im Sinne einer eigentlichen Institution entstand in der Regierungszeit Herzog Christophs. Dieser stellte landesherrliche Sekretäre zur Verfügung, welche die Verhandlungen protokollierten, Reinschriften erstellten und die Kanzlei- und Registraturgeschäfte der Landschaft besorgten. Der Bestand gliedert sich zwei Gruppen: eine fortlaufende Serie der amtlichen Protokolle und eine Sammlung persönlicher Mitschriebe von Sekretären und Landschaftsmitgliedern. Die Protokolle werden ergänzt durch Beilagen, Stellungnahmen und Schreiben von und an die Mitglieder der Landschaft, Druckschriften, Rechnungen und Listen, Entwürfe sowie Notizen. Die Protokolle stellen Erstschriften dar, Konzepte, die in Schrift und Stil meist flüchtig geschrieben, oft korrigiert und daher schwer lesbar sind. Sie setzten erstmals 1534 fragmentarisch ein und waren von 1554 an in fortlaufender Reihe erhalten. A. E. Adam begann jedoch damit, diese Reihe aufzulösen und den Konventsakten einzugliedern. Er gelangte mit dieser Umstellung bis zum Jahre 1632 und so sind die älteren Protokolle mit den Konventsakten dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer gefallen. Die erhaltene Reihe von 1632 bis 1805 erlitt Nässeschäden und ist teilweise fleckig geworden.
Bearbeiterbericht: Der Bestand L 4 war bisher nur in der Beständeübersicht eingetragen worden. Eine Verzeichnung der einzelnen Büschel war bislang nicht erfolgt. Die einzelnen Büschel waren bis zum Zeitpunkt der Bearbeitung provisorisch verpackt, mit einer Signatur versehen und mit einer Laufzeit beschriftet. Die Erschließung der Protokolle wurde aufgrund des Umfangs und der komplexen Materie auf die nötigsten Angaben beschränkt. Erfasst wurden die Laufzeiten der Protokolle sowie der in ihnen erfassten Sitzungen der Engeren/Kleineren und Größeren Ausschüsse sowie die Protokolle der Interimszeit. Außerdem wurden etwaige Besonderheiten, wie das Vorhandensein von Notizen, Schreiben oder anderen Schriftstücken, Entwürfen und Druckschriften, bei der Verzeichnung aufgenommen. Die Erschließung wurde im September 2013 durch Referendarin Julia Kathke unter Aufsicht von Archivamtmann Johannes Renz durchgeführt, die auch die Eingaben der Deskriptoren und die Endredaktion vornahmen. Insgesamt umfasst der Bestand 112 Büschel. Nach der von Regina Eberhard vorgenommenen Verpackung beträgt der Gesamtumfang 8,43 lfd. Regalmeter. Stuttgart, im November 2013 Julia Kathke Johannes Renz
Liste der Verfasser der persönlichen Mitschriebe von Landtagsverhandlungen: Felix Bidembach, Pfarrer und Superintendent *1554 ¿1612 (Zeitraum 1608-1612) Ans(h)elm Hagenlocher, Propst von Denkendorf (Zeitraum 1620-1624) Kaspar Keuerleber (Keirleber), Bürgermeister von Nürtingen (Zeitraum 1645-1649) Johann Wilhelm Schwarz, Bürgermeister von Stuttgart, ¿1683 (Zeitraum 1663-1673) Joachim Martini, Prälat, *1625 ¿1697 (Zeitraum 1679-1697) Bader, Landtagssekretär (Zeitraum 1683/84) Johann Bartholomäus Haage, Abt und Prälat, *1633 ¿1709 (Zeitraum 1692-1707) Johann Andreas Hochstetter, Theologe und Prälat, *1637 ¿1720 (Zeitraum 1695-1739, mit Auszügen ab 1520) Hörner, Landschaftskonsulent (1698-1707) Heinrich Sturm, Regierungsrat und Landschaftskonsulent, *1678 ¿1754 (Zeitraum 1707-1732) Weisser, Landschaftssekretär (1734-1759) Johann Wilhelm Kolb, Bürgermeister von Urach (Zeitraum 1737-1767) Jeremias Merkle, Bürgermeister von Freudenstadt (Zeitraum 1741-1754) Lang, Propst von Herbrechtingen (Zeitraum 1763-1770) Ferdinand Friedrich Dettinger, Bürgermeister von Waiblingen (Zeitraum 1763) Johann Martin Perlenfein, Assessor und Bürgermeister (Zeitraum 1784-1789) Christian Friedrich Baz, Bürgermeister von Ludwigsburg, *1762 ¿1808 (Zeitraum 1804) Christian Ludwig von Olnhausen (Weinsberg) (Zeitraum 1804-1805) Georg Friedrich Ludwig Schönleber, Stadtschreiber, Bürgermeister, Registrator, Archivar, *1780 +1847 (Zeitraum 1804/05).
Literatur: Walter Grube, Der Stuttgart Landtag 1457 ¿ 1957, Stuttgart 1957; Sönke Lorenz/Peter Rückert (Hg.), Auf dem Weg zur politischen Partizipation? Landstände und Herrschaft im deutschen Südwesten, Stuttgart 2010; Peter Rückert, Landschaft, Land und Leute. Politische Partizipation in Württemberg 1457 ¿ 2007, Stuttgart 2007; Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Übersicht über die Bestände: Sonderbestände, Stuttgart 1980.